Philips »Kontakte« 54 / August 1981
Farbfernsehgeräte für Stereo- und Zweiton-Empfang
Nach der Einführung des Farbfernsehens vor 14 Jahren ist der Beginn stereophonischer Tonübertragungen ein neuer Höhepunkt in der Geschichte des Fernsehens. Zur Funkausstellung im August 1981 wird man diese neue Technik zum erstenmal anwenden. Es stehen hierfür zwei Tonkanäle zur Übertragung eines Stereo-Signals oder zweier getrennter Toninformationen zur Verfügung.
Für diese neue Übertragungstechnik werden entsprechend eingerichtete Fernsehgeräte benötigt, die Philips zur Internationalen Funkausstellung Berlin 1981 vorstellt. Das Angebot der neuen Stereo-Farbfernsehgeräte umfaßt Bildschirmgrößen von 25 bis 66 cm, wobei das Schwergewicht auf den Modellen mit 66cm-Bildschirm liegt. Auf Grund ihrer tontechnischen Ausstattung hat man die Stereo-Farbfernsehgeräte in verschiedene Klassen eingeteilt.
Philips Geräteprogramm - eine Vorschau zur Messe
In der 66-cm-Standardklasse gibt es zwei verschiedene Stereokonzepte. Das eine ist in Bild 3 mit dem Goya Stereo 8265 gezeigt, der mit einer Endstufe von 2 x 8 W Sinus und jeweils einem Breitband- und einem Hochton-Lautsprecher in Stereoanordnung neben der Bildröhre ausgerüstet ist. Mit einer Gehäusebreite von 78cm ist der 8265 dabei kaum größer als ein Monogerät.
Die andere Ausführung enthält zwar den Stereo-Decoder, aber nur eine Mono-Endstufe mit 8 Watt Sinus-Ausgangsleistung. Diese Endstufe kann mit der Fernbedienung wahlweise auf den ersten oder zweiten Wiedergabekanal geschaltet werden.
Über die Stereo-Geräte
Stereo-Wiedergabe ist über eine angeschlossene HiFi-Anlage möglich, wobei die Lautstärke dann ebenfalls mit der Fernbedienung einstellbar ist. Die 66cm-Mittelklasse weist bereits eine HiFi-Endstufe von 2 x 15W Sinus auf, hat jedoch nur eine eingebaute Lautsprecherbox. Mit der als Zubehör lieferbaren HiFi-Lautsprecherbox TV 1000 (Bild 7) läßt sich die gewünschte Basisbreite für den Stereobetrieb ganz nach Wunsch oder nach den vorgegebenen Platzverhältnissen realisieren. Selbstverständlich kann man auch eine HiFi-Anlage anschließen. Die Geräte der 66cm-Luxusklasse erhielten ebenfalls eine HiFi-Endstufe mit 2 x 15 W Sinus-Ausgangsleistung nach DIN 45 500 und HiFi-Lautsprecherboxen, die entweder fest mit dem Gerät verbunden sind oder als Einzelbox zum Gerät geliefert werden (Bild 4 Goya Royal 8077 Stereo und im Kopfbild Goya Royal 8164 Stereo).
Wahlweise Zweitonbetrieb
Neben der stereophonen Wiedergabe des Fernsehtons erlaubt das nun eingeführte Verfahren auch den sogenannten Zweitonbetrieb. Das bedeutet unter anderem einen Tonempfang in zwei verschiedenen Sprachen, wobei man wunschgemäß auf die eine oder andere Übertragung schalten kann. Den jeweiligen Betriebszustand (Stereo- oder Zweiton-Wiedergabe) zeigen die Geräte durch Leuchtdioden an.
Die Technik des TV-Stereo-Zweiton-Systems
Die Einführung des neuen Tonübertragungssystems erfordert natürlich auch auf der Senderseite gewisse Aufwendungen, die vom ZDF für die erste Ausbaustufe mit insgesamt rund 2,3 Millionen DM beziffert werden, während von der ARD für das 1. Programm mit etwa 5,7 Millionen DM gerechnet wird. Da auch die dritten Programmketten umgerüstet werden müssen, entstehen hier weitere Millionenkosten.
Neben den Aufwendungen für die Sendernachrüstung müssen im Bereich der Verteil- und Modulationsleitungsnetze ebenfalls neue Installationen vorgenommen werden, für die im ZDF-Bereich etwa 5 Millionen DM auszugeben sind und im ARD-Bereich, wegen des größeren Sendernetzes, noch höhere Kosten anfallen dürften.
Das ZDF beginnt am 6. September 1981 offiziell seine Zweikanalton- Sendungen mit der Übertragung von »Musik ist Trumpf« aus der Deutschlandhalle in Berlin. Eine Reihe weiterer attraktiver Programme schließt sich an, neben populären und klassischen Musiksendungen stehen auch interessante Wortübertragungen stereophon ins Haus.
Stereo-TV-Sender zum August 1981
Auf folgenden ZDF-Sendern können diese Sendungen empfangen werden:
Sender-Standort UHF-Kanal
Augsburg 23
Baden-Baden 31
Berlin 33
Bielefeld 33
Bremen 32
Deggendorf 33
Donaueschingen 22
Dortmund 25
Eiderstedt 31
Eutin 21
Gr. Feldberg 34
Grünten 28
Habichtswald 28
Hamburg 30
Hannover 24
Heidelberg 27
Hof 23
Hohenpeißenberg 22
Kiel 35
München 35
Pfarrkirchen 27
Regensburg 21
Kreuzberg/Rhön 29
Rimberg 25
Saarbrücken 45
Stuttgart 26
Torfhaus 23
Uelzen 27
Würzburg 25
Mehr über die Umrüstung der Sender
Bei den Sendern betrifft die technische Umstellung den Tonsender, der von einem Mono- zu einem Stereosender umgerüstet werden muß.
Das geschieht durch das Einfügen eines zweiten Tonmodulators und Baugruppen, die für die Aufbereitung des Stereo- und Zweitonsignals erforderlich sind. Allerdings ist der Ausdruck Stereosender nicht ganz korrekt, wenn man ihn mit den im UKW-Bereich arbeitenden Rundfunksendern vergleicht, weil das Sendeverfahren anders ist. Hierzu nachfolgend eine kleine Rückblende.
Bereits 1966 wurde innerhalb der Europäischen Rundfunkunion (EBU) eine Arbeitsgruppe gebildet, die ein möglichst einheitliches Übertragungssystem für zwei Tonsignale ausarbeiten sollte, das auch als Weltstandard verwendbar sein müßte.
Vorgegebene Bedingungen:
Kompatibilität zum bisherigen Verfahren, d.h. ältere Geräte dürfen weder im Bild noch im Ton gestört werden und müssen den Stereoton monaural verarbeiten können; großer Störabstand wie unter HiFi-Bedingungen; gleiche Bandbreite in beiden Tonkanälen; Übersprechdämpfung um die 70 dB.
Nach jahrelanger Sichtung schälten sich zwei Verfahren heraus: ein in Japan entwickeltes, trägerfrequentes Matrixsystem, (heute dort angewendet) und das vom Institut für Rundfunktechnik (IRT) herausgebrachte Zweitonträgersystem.
Die Unterschiede: Beim Matrixverfahren werden beide Tonsignale ineinander verschachtelt (wobei das zweite Signal auf einem Hilfsträger liegt) auf den HF-Träger des Fernsehtonsenders gegeben und ausgestrahlt.
Beim Zweitonsystem wird ein Zusatzträger neben dem Original-Tonträger angeordnet, und zwar in einem Abstand von ca. 240 kHz. Im Bild 8 sind die Trägerfrequenzen in der ZF-Lage angegeben. Nach ausführlichen Erprobungen stellte sich die Überlegenheit des IRT-Systems heraus, was speziell bei der Zweitonübertragung deutlich wurde.
Der hierfür erforderliche hohe Dämpfungsfaktor für das unerwünschte Übersprechen zwischen den beiden Tonkanälen konnte nur mit dem Zweitonträgersystem erreicht werden. Außerdem ergaben sich bessere Werte für den Störabstand (wichtig für HiFi-Tonqualität) und bei der Umschaltung von Mono- auf Stereobetrieb, wo - im Gegensatz zum Matrixsystem - keine Beeinträchtigungen auftraten.
Das Zweitonträger-Verfahren der IRT
Man hat sich deshalb für das Zweitonträger-Verfahren entschieden. Was ist nun anders gegenüber dem auch weiterhin praktizierten Mono-Tonverfahren?
Der Signalverlauf im Stereo-Zweiton-Decoder (Bild 9) gibt hierüber Aufschluß. Bei einer Monosendung ist nur der bekannte 5,5-MHz Tonträger vorhanden, dessen Niederfrequenzsignal nach der Demodulation und dem Durchlaufen der Stereomatrix beiden Tonendstufen zugeführt wird. Dieser Signalweg ist in Bild 9 nicht gesondert bezeichnet.
Bei einer Stereosendung entstehen in der Demodulatoreinheit zwei Ton-ZF-Träger, nämlich 5,5 MHz und 5,74 MHz, weil in diesem Betriebszustand vom Sender ja zwei Tonträger ausgestrahlt werden. Im Gegensatz zum UKW-Stereo ist die Signalzusammensetzung beim TV-Stereo anders, denn man moduliert den ersten Tonträger mit einem Signal, das sich aus den Anteilen L + R zusammensetzt und für Nicht-Stereogeräte das kompatible Monosignal bildet, dessen Niederfrequenz im 5,5-MHz Demodulator gewonnen wird. Der zweite Tonträger wird nur mit dem R-Anteil moduliert, das im 5,74 MHz-Demodulator in Niederfrequenz zurückgewandelt wird. In der Stereomatrix entsteht dann durch Subtraktion des R-Anteils vom LH-R/Signal der L-Anteil.
Beide NF-Signale gelangen dann weiter zur Stereoendstufe. Bei einer Zweitonsendung erfolgt die Demodulation der beiden Ton-ZF-Träger ebenfalls auf die gewohnte Weise. Die Wahl des über die Lautsprecher wiedergegebenen Tonsignals 1 oder 2 muß jedoch manuell erfolgen, wie aus Bild 9 ersichtlich ist. Über einen Kopfhöreranschluß kann aber das andere Tonsignal ebenfalls abgehört werden.
Damit der Stereo-Zweiton-Decoder weiß, was gesendet wird und wie er arbeiten soll, muß er die jeweiligen Betriebszustände unterscheiden können. Man hat deshalb senderseitig sogenannte Kennsignale in den rechten Ubertragungskanal eingefügt und benutzt für eine Stereosendung die Frequenz 117,5 Hz sowie für den Zweitonbetrieb die Frequenz 274,5 Hz.
Sie werden einem Pilotträger mit der Frequenz 54,68 kHz im AM-Verfahren aufmoduliert und zusammen mit dem eigentlichen Tonsignal ausgestrahlt.
Die »krummen« Zahlen ergeben sich aus der Verkopplung mit der Zeilenfrequenz, wie in der Tabelle 1 angegeben. Dort sind auch die anderen wichtigen Daten über das Stereo-Zweitonträger-Verfahren aufgeführt.
Aus Bild 9 wird ferner deutlich, daß diese Kennfrequenzen im Decoder verarbeitet werden und als Schaltspannung die Umschaltautomatik steuern, die ihrerseits dann die für Stereo- oder Zweitonbetrieb erforderlichen Schaltvorgänge auslöst. Außerdem wird die Kennung benutzt, um eine optische Anzeige über den jeweiligen Betriebszustand zu geben: bei Stereo leuchtet eine grüne und bei Zweiton eine gelbe LED-Indikation.
Bilder
Bild 1 Philitina Stereo 1130.
Bild 2 Philetta Royal 8120.
Bild 3 Goya Royal 8265.
Bild 4 Goya Royal 8077 Stereo.
Bild 5 Goya Royal 8170.
Bild 6 Goya Royal 8164 Stereo
Bild 7 HiFi-Lautsprecherbox TV 1000.