Ein Artikel aus Philips »Kontakte« 54 / August 1981
"Video 8000 aus einem neuen Werk"
Das neue Video-Werk von Philips in Wien wird gegen Ende des Jahres 1981 in allen wesentlichen Teilen voll in Betrieb genommen sein. Mit hohem Investitionsaufwand hat Philips hier auf annähernd 30.000 m2 Nettofläche einen imponierenden Gebäudekomplex für die Entwicklung und Fertigung des Videorecorder-Systems Video 2000 errichtet. Rund 3.000 Mitarbeiter werden hier künftig beschäftigt sein.
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»Video Wien« hat Tradition
Die Frage, warum Philips gerade in Wien die Entwicklung und Fertigung von Videorecordern angesiedelt hat, wird durch die Geschichte der Bandgeräte-Fertigung erklärt. Damals, im Herbst 1960, begannen in den Wiener Radiowerken erste Studien für ein nichtprofessionelles Bildaufnahme -und Wiedergabegerät.
Rückblick nach 1964
Den Vorstudien folgte die Entwicklung; 1964 kam das erste Gerät unter der Bezeichnung EL3400 auf den Markt. Verwendbar war es nur in Verbindung mit speziell adaptierten Fernsehgeräten, denn es hatte noch keinen eingebauten Empfangsteil.
Diese Maschine arbeitete noch mit einem 1"-Band und Alpha-Umschlingung, einer Spur von 300um und einem Bandverbrauch von 17m2 (Quadratmeter!) pro Stunde. Vier Jahre später wurde sie abgelöst durch das Modell EL3402 mit ähnlicher Konstruktion und ähnlichen Eigenschaften, nun aber schon mit einem Bandverbrauch von »nur« 11 m2/h.
Der folgende Schritt brachte das sparsame 1/2"-Band, die Omega-Umschlingung, das Zwei-Kopf-System und einen Bandverbrauch von etwa 8 m2/h. Das Modell LDL1000 war im Jahre 1969 das erste echte Heimgerät der Welt. Es zeigte sich aber schon bald, daß nur ein Cassettengerät den Durchbruch im Heimgerätebereich bringen würde.
1971 fiel die Systementscheidung für VCR; 1972 brachte Philips den Typ N1500 auf den Markt. Der Bandverbrauch war auf 6,5 m2/h reduziert und N1500 zugleich der erste »Farb-VCR«.
Die von Philips damals erstmalig gewählte Methode, in das Aufzeichnungsgerät auch einen Empfangsteil einzubauen, ist heute weltweit selbstverständlich. Mit den Ausführungen 1501 und 1502 wurde das Modell bis Mitte 1976 produziert.
Das Nachfolgemodell N1700 hatte einen Bandverbrauch von nur 3 m2/h, den man im wesentlichen durch die Halbierung der Spurbreite erreichte. Als N 1702 war dieses Gerät bis 1980 im Handel.
Schon 1977 hatte die Wiener Entwicklung ein neues System vorgeschlagen, das dann auch gemeinsam mit Grundig realisiert worden ist: Video 2000.
1979 - ein neues Werk muß her
Für dieses neue System ergab sich dann aber auch deutlich, daß der Bau eines neuen Werks unabdingbar werden würde. Anfang 1979 wurde deshalb mit dem Bau begonnen, und bereits im Frühjahr 1980 übersiedelten die ersten Fertigungsabteilungen in das neue Werk.
Zu den Besonderheiten des Werkskomplexes gehört ein Hochregallager mit 10.500 Palettenplätzen und 7.000 Fächerböden für Kleinteile. Im Herbst wird es voll eingerichtet und in Betrieb sein. Bis zu diesem Zeitpunkt sind dann auch Metallbearbeitung, Kopfscheibenfertigung und die restlichen Teile der Endmontagebänder ins neue Werk gezogen.
Auch das ausgeklügelte Materialtransportsystem wird dann voll in Funktion sein. Die Entwicklungsabteilung und das Labor - gegenwärtig schon mit der nächsten Geräte-Generation beschäftigt - werden gegen Jahresende als letzte Gruppe ihre Räume im neuen Werk beziehen.
Zum neuen Werkskomplex in Wien gehört ein vollautomatisiertes Hochregallager (in den Bildern oben die Außenansicht) mit 10.500 Palettenplätzen und 7.000 Fächerböden für Kleinteile. Material- und Produktionsfluß werden durch ein raffiniertes automatisches Transportsystem unterstützt.
Bilder aus der Fertigung
Videorecorder benötigen hunderte von mechanischen und elektrischen Einzelteilen, zu denen beispielsweise auch verschiedenartige Spulen gehören. Auf modernen Wickelautomaten werden sie im Wiener Video-Werk vollautomatisch gewickelt und konfektioniert (Bild 1).
Der jeweils benötigte Spulenkörper und der Wickeldraht werden zugeführt, von da an bis zum Auswurf der fertigen Spule laufen alle Arbeitsgänge automatisch ab.
Ein weiteres Beispiel zeigt Bild 2: Zur Vorbereitung der automatischen Bauelementebestückung von Schaltungsplatinen werden die Bauelemente auf einer Gurtungsmaschine in der vorgesehenen Reihenfolge programmgesteuert gegurtet.
Moderne Bestückungsautomaten bringen die elektronischen Bauelemente an die vorbestimmten Positionen und stecken sie durch die Platinenbohrungen. Auf diesem Zwillingsautomaten im Philips Video-Werk werden gleichzeitig zwei Platinen parallel bearbeitet (Bild 3). Anschließend durchlaufen die Platinen ein automatisches Lötbad (Bild 4).
Die Einzelplatinen werden an computergesteuerten Arbeitsplätzen abgeglichen, wobei die einzelnen Schritte bildschirmgestützt verfolgt werden können (Bild 5). Das gilt auch für die mit den Einzelplatinen bestückte Hauptplatine, die vor dem Einbau in das Chassis auf dem Meßplatz in Bild 6 geprüft wird.
An Kontrollplätzen wie in Bild 7 wird das mechanische Laufwerk des Videorecorders einem ersten Test unterzogen. Nach der Endmontage erfolgt die erste Funktionsprüfung, an die sich nach der endgültigen Justierung eine computergesteuerte löstündige Dauererprobung anschließt (Bild 8-10).
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Aus der Fertigung von Videorecordern im neuen Wiener Philips-Werk
Bild 1 Blick in die Spulenwickelei.
Bild 2 Programmgesteuerte Gurtungsmaschine. Bild 4 Lötbad für Einzelplatinen.
Bild 3 Vollautomatische Zwillings-Bestückungsmaschine.
Bild 5 Einzelplatinen-Abgleichplatz.
Bild 6 Computergesteuerter Abgleichplatz für die Hauptplatine.
Bild 7 Erste Laufwerksprüfung.
Bild 8 Erste Geräteprüfung.
Bild 9 Endkontrolle der Videorecorder.
Bild 10 Computergesteuerte 16-Stunden-Dauerprüfung.
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Das neue Video-Werk in Wien fällt durch seine gelb gerasterten Fassaden schon von weitem ins Auge. Innerhalb dieses großzügigen Gebäudekomplexes, in dem künftig 3000 Mitarbeiter tätig sein werden, bildet das fensterlose Hochregallager mit seinen leuchtend roten Außenflächen einen wuchtigen architektonischen Kontrast (rechts).
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